Samstag, 26. Mai 2012

DON - The German Gay Magazine 1974 (Heft 5 bis 8)


DON 5/74 erscheint im Mai 1974.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt. Entspricht HF-Druck, siehe DON 1/1973
Redaktionsleitung und Redaktionsanschrift wie DON 10/1972

Das Titelbild stammt von TOM men’s shop, Zürich, (der Link führt zu Details über Thomas Wetzel in DON 4/1978)


Hinterfragt und kritisiert wird in diesem Vorwort - zu Recht - dass Homosexuelle immer noch nicht in einer grossen Sammlungsbewegung zusammengefunden haben. " ... Wo ist eine wirklich machtvolle Kraft entstanden, deren Stimme unüberhörbar geworden ist? ... Warum nur ist eine das ganze Land erfassende Bewegung nicht zustande gekommen?  ... " Die Fragen richtet "Ihre DON-Redaktion" ausschliesslich an "junge Studenten" (Angestellte, Künstler, Schüler, Freiberufler, Unternehmer, Gläubige ... kennt der Autor nicht?), um dann im typischen Johannes Werres-Jargon zu schlussfolgern:

" ... Es geht einfach so nicht mehr weiter. Wo sind die Leute, die neue Ideen haben ...? Hier hilft uns kein Rosa von Praunheim, hier helfen auch keine Parolen-Transparente in Demonstrationszügen, mit denen die "Schwulen" Verständnis bei Otto Normalverbraucher, dem verständnislos zuschauenden oder hämisch spöttelnden Bundesbürger fordern ..."
[wie damals üblich "DDR" in Anführungsstriche gesetzt wurde, so auch der Autor: die "Schwulen"]




Ab dieser DON-Ausgabe erscheinen ziemlich regelmässig Beiträge von Thomas Wagner, einem katholischen Theologen, der wenn ich mich nicht täusche, noch in der HuK (Homosexuelle und Kirche) und IKvu (Initiative Kirche von unten) aktiv ist:

Programm des Ökumenischen Kirchentages 2003 Biblische Einführung in den Tag, 31.5.2003


Wagners Beiträge passen perfekt in das exklusiv von konservativen Meinungen und Sachbeiträgen geprägte DON. Sein Ton ist pastoral, der anspruchsvolle Stil und die niveauvollen Inhalte beissen sich mit den banalen DON-Geschichten und immer noch überwiegend billigen Nackedeibildern. Dass ein grösserer Teil der DON-Käufer seine Artikel gelesen hat, wage ich zu bezweifeln:

Wider die handlunsglose Resignation
Das synodale Gespräch - Chance und Wagnis
Unser Problem und die Sachkommission IV.
Unsere Aufgabe, wenn wir nicht aufgeben wollen




Die Reklame für "Die Spinne" erschien bereits 8 Monate zuvor - mit exakt den gleichen 4 Aufnahmen  (andere Bildausschnitte) - in DON 9/1973


" ... Ibiza ist auch die Insel der interessanten Männer, das hatte ich einmal von einem Bekannten gehört ... diese sexgeladene Luft ... Am Nachmittag gings zum Strand hinunter, und ich fühlte die Blicke vieler Männer auf mir ruhen ... Ein junger Amerikaner ... setzte sich bald neben mich, zog die Jeans aus und sonnte sich in einem Minislip, der wirklich nichts mehr verbergen konnte ... Später ging ich ... an der Kaimauer entlang ... so war ich zu Ibizas bekanntestem Männertreffpunkt gekommen, ohne dass ich es beabsichtigt hatte ... Viele schauten mich an, aber nur ein ziemlich junger Boy lächelte mir zu ... die Erregung in uns wurde immer stärker ... Ernesto war ein rassiger Liebhaber mit einer unwahrscheinlichen Männlichkeit ... "
" ... Fordern Sie einen Prospekt von DON-Redaktion, c/o Bifipress AG, & Frankfurt 7o ... an ..." = Günter Goebel


1974 erschien (in Amsterdam) bereits die 4. Ausgabe des Spartacus Gay Guide mit Tipps für Homotreffs. In den DON-Reiseberichten hingegen erscheint nicht ein einziger konkreter Tipp von Schwulen für Schwule (vgl. auch in der folgenden DON-Ausgabe: Sylt bzw. Beirut). Ibiza galt schon seit Anfang der Siebziger als einer der Homo-Tummelplätze! 

Nicht verwunderlich, da der Autor, wie schon mehrfach erwähnt, keinerlei Bezug zur schwulen Szene hatte. Die Berichte stammen samt und sonders aus der Feder des Redaktionsleiters Guy Gilbert = Günter Goebel [ggf. noch aus der seines jugendlichen "Reisebegleiters"?], der diese zahllosen Vergnügungsreisen als "Journalist" von der Steuer abzusetzen pflegte.


DON 6/74 erscheint im Juni 1974.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt. Entspricht HF-Druck, siehe DON 1/1973
Redaktionsleitung und Redaktionsanschrift wie DON 10/1972


In dieser Brief-Box versuche ich (Tommy = Jens M. A. Reimer) Vorurteile ad absurdum zu führen.



" ... Auf Sylt seinen Freund mitzunehmen ist zwar nicht verwerflich, aber notwendig ist es normalerweise auc nicht. Man bekommt hier sehr schnell Kontakt. Freunden, wenn sie sich nicht schon am Tag zu erkennen, genügt ein abendlicher Besuch in einem der zahlreichen Lokale in Westerland, um endgültig sicher zu gehen ... "


" ... Kürzlich gab T. Frygier ... Ratschläge, wie man arabische Freunde behandeln muss. Er hatte die Beobachtung gemacht, dass zahlreiche Jungen und junge Männer gerne bereit sind, ihr Männlichkeit zu zeigen - den Augen des Touristen, seinem Fotoapparat und noch mehr: Sie stellen sich auch für jede Art zur Verfügung. Unter Umständen auch für das Hinterteil, aber sie entblössen zumeist nur ihr Glied sonst nichts, und ihre eigenen Hände sind nicht in Aktion ... Da bei dieser Reise die Reiseleitung über das Interesse des Homophilen sich im klaren ist, hat sie auch über beirut viele Tipps dabei ... " (die in diesem Artikel aber nicht verraten werden!)

Vgl. hierzu auch meinen Kommentar bei DON 5/1974, unter "Ostafrika"


Erschreckende Zunahme der Syphilis unter Homosexuellen
" ... Wir wollen uns nichts vormachen, dass Bahnhofsvorhallen sowie grössere Parks, Toiletten usw. ein Ort der Begegnung vieler Syphiliker sind. Diese Plätze sind letztenendes der Ort, wo sich der im Inland aufhaltende Ausländer [gemeint sind "Gastarbeiter aus den verschiedensten Ländern Europas und Nordafrikas, in denen auch, medizinisch gesehen, noch manches im argen liegt..."] an seinen Sonn- und Feiertagen aufhält und trifft, weil er es von zu Hause so gewohnt ist ... Wenn Sie zum Arzt gehen, so fallen Sie unter die ärztliche Schweigepflicht ..."

Spiegel Online: 12.10.2004, Infektionswelle - Die Syphilis kommt zurück


DON 7/74 erscheint im Juli 1974.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt. Entspricht HF-Druck, siehe DON 1/1973
Redaktionsleitung und Redaktionsanschrift wie DON 10/1972


Zu der Zeit - ich (Jens M. A. Reimer) war bereits freiberuflich tätig - habe ich mit einem Freund "Michelangelo Ölportraits" gegründet: Portraits malen nach Fotos. Acht ganz unterschiedliche Münchner MalerInnen arbeiteten für uns. Meine Mutter, eine bekannte Malerin - war entsetzt!

Der DON-Verleger pflegte mein Autorenhonorar mit solchen Eigenwerbungs-Artikeln und später auch kommerziellen Anzeigen zu verrechnen.

Der 16-seitige, aufwendige Katalog (Aussenseiten goldfarben!) brachte uns dennoch nicht "das grosse Geschäft". Nach eineinhalb Jahren liessen wir die Sache wieder einschlafen.


Diese DON-Ausgabe bringt es auf einen Spitzenwert von 9 Seiten, nur mit Text gefüllt, wenn man die Geschichten zusammenzählt.





DON 8/74 erscheint im August 1974.
Untertitel "Das grosse deutsche Magazin für Männer und ihre Freunde"
Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt. Entspricht HF-Druck, siehe DON 1/1973
Redaktionsleitung und Redaktionsanschrift wie DON 10/1972


"Homosexuelle Paare in Schweden sollen künftig den Segen der lutherischen Kirche erhalten, ohne jedoch im traditionellen Sinn als verheiratet zu gelten. Dies empfahl ... ein Untersuchuungsausschuss, der von der Synode beauftragt war, das Problem der Homosexualität zu studieren. Der Bericht des Ausschusses, dem ein Theologe, ein Arzt und ein Psychologe angehörte, wurden von der Stockholmer Zeitung >Expressen< veröffentlicht." 

Der (ungenannte) Autor nimmt diese Notiz aus der >Frankfurter Rundschau< zum Anlass, die entsprechende Situation in der Bundesrepublik zu analysieren.

"... Um diese Bevorzugung der [heterosexuellen] Ehe zu verringern, fordern viele Homosexuelle eine Art homosexueller Ehe. Dies sieht neben 'homosexuellen Trauungen' im staatlichen und kirchlichen Bereich ebenfalls steuerliche Vergünstigungen vor. Einige fordern ... auch das Adoptionsrecht für homosexuelle Paare, um ihnen so in der Erziehung eines Kindes eine gemeinsame Aufgabe zu geben und quasi eine Familie zu schaffen ... Die Aufgabe ... wird sein, diese jetzt schon vorhandenen [vielfältigen] Formen menschlichen Zusammenlebens zu legitimieren. Der Staat ist dazu verpflichtet, weil es nicht die Art des Zusammenlebens zu bestimmen, sondern nur die Folgen zu regeln hat ... "

Wohlgemerkt, all dies steht schon in der ersten Hälfte des Jahres 1974 zur Debatte, als es immer noch den § 175 gab.


Der Artikel "Betrügt Sie Ihr Freund?" könnte genausogut mit "Was Sie vermeiden müssen, um erfolgreich untreu zu sein!" überschrieben sein: Der Alibi-Trick - Der Kilometer-Trick - Der Badezimmer-Trick - Der Socken-Trick - Der Stellungs-Trick - Der Brief-Trick - Der Frage-Trick - Der Veränderungs-Trick usw.