Freitag, 14. Dezember 2012

DON - The German Gay Magazine 1977 (Heft 11)


DON 11/77 erscheint im November 1977. Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973. Redaktion: Jens M. A. Reimer, R.v. Lindenau (= Henry Ferling), Tommy Brauner (= Jens M. A. Reimer), Bildredaktion: Guy Gilbert (= Günter Goebel) und Hans John (= Hans Möstl), Details bei DON 9/1976


">Spiel mit mir / probiers mit dir / probiers mit mir / machs dir mal / richtig warm / mit Männercharme ... < Das stammt nicht von mir, sondern aus dem Bühnenstück 'Männercharme' und tönt jetzt von der Schallplatte 'Mannstoll'. Mancher dieser brühwarmen Songs klingt derart blechbüchsig, dass man schon Grossmamas Hörrohr ans Ohr legen muss, um die verzerrten Worte zu verstehen. Aber noch unverständlicher an dieser Scheibe ist das Zerrbild, dass hier mal wieder Homos von Homosexuellen malen. Die Heteros haben ja schon ihr Zerrbild von uns 'Die Homosexuellen sind...' na, Sie wissen schon ... Aber eines der primitivsten Homo-Zerrbilder wird hier nun wieder einmal von den Homos selbst gepinselt ... Das Bild vom ewig sexhungrigen, geilen Homo, der an nichts als an Schwänze denkt, der nur für seine Geilheit lebt, für den es nichts als Trieb und Gier gibt ... was da Strophe für Strophe aus den Plattenrillen herausstöhnt, das sind Lügen. Lügen, die uns alle samt und sonders als Sittenstrolche abstempeln: gefühllos, hemmungslos, irgendwie unmenschlich ... dazu noch deren tuntiges Gekreisch. Wer bis jetzt von denen auf der anderen Seite noch nicht glaubte, dass alle Homos Kastratenstimmen haben, dem wirds hier Rille für Rille bewiesen ... "


Seinerzeit war es üblich, dass in den unterschiedlichen Homo-Publikationen oft die gleichen Modelle, nicht selten gar exakt die gleichen Fotos auftauchten. Die Bezugsquellen der bereits sehr fleissigen Männeraktfotografen in den USA waren noch weithin unbekannt.

Um den Blättern, für die ich tätig war, eine individuelle Note zu geben (was für ein schamloser Vorwand!), begann ich ab 1974/75 selber zu fotografieren. Allerdings liess sich dieses Vorhaben nur schwer verwirklichen. Das Finden und Gewinnen fotogener Männer ( egal welchen Alters), die willens waren vor der Kamera die Hosen herunter zu lassen (obendrein als Modell für schwule Blätter!), war um ein Vielfaches schwieriger als das Fotografieren der Laienmodelle.

Dieser "Charly" hier aus Köln kam gar auf eigene Kosten angereist, um splitternackt veröffentlicht zu werden, denn er hatte mit seinem Freund eine Wette abgeschlossen ...


Jörg aus der Schweiz und Wolfgang aus Düsseldorf gehörten zu den Ersten, die sich und ihre Fotos den DON-Lesern vorstellten ... und das als überdimensionierte Kontaktanzeige nutzten.


Wie die Schwulengruppen und Homo-Verbände nutzten auch die Homo-Publikationen immer stärker die Möglichkeit, mit Anliegen, Wünschen, Forderungen oder Beschwerden bei Politikern, Parteien, Medien-Redaktionen usw. vorstellig zu werden. 

Links ein "Angebot zur publizistischen Unterstützung Ihrer Arbeit zur Aufklärung von Verbrechen", das wir an alle elf Landeskriminalämter geschickt haben.

Rechts ein Schreiben/Beschwerde/Anfrage an den Vorsitzenden der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, Erich Pfister, in Sachen "diskriminierende Massnahmen gegen homosexuelle Lehrer und Erzieher": "... Dabei wird deutlich, dass sich die zuständigen gewerkschaften für jene Mitglieder, die homosexuell veranlagt sind, nur unzulänglich oder gar nicht einsetzen. Oder sogar selbst in diskriminierender Form handeln ... Wir möchten wissen, welche Massnahmen Ihre Gewerkschaft getroffen hat bzw. zu treffen gedenkt, um der Homosexuellen-Diskriminierung in den eigenen Reihen entgegenzuwirken ..."


Eine dezidiert kritische Auseinandersetzung mit den BRAVO-Aufklärungsserien von Thomas Wagner (mehr zu ihm siehe DON 5/1974): " ... doch diese anscheinend so um das Wohlergehen der Jugend sich sorgende Aussage wird ... gleich zerstört: In einem anderen Ausspruch des Chefredakteurs und eines anonym bleibenden ehemaligen BRAVO-Redakteurs wird deutlich, dass diese 'Lebenshilfe' (zu den Themen Liebe und Sexualität) etwa um 1968 aus Gründen der Verkaufssteigerung eingeführt wurde. Ein Geschäft also ... "


"... Dieser - Dag Hammerskjöld - war in seiner Jugend einer der Mignons des verstorbenen Königs Gustav V. von Schweden. Sie spielten Tennis miteinander und webten Gobelins ... Das Buch 'Die Kunst des Handelns oder Das abenteuerliche Leben des Fernand Legros' (Zsolnay Verlag, Wien/Hamburg) stammt, wie sollte es anders sein, aus der Feder von Roger Peyrefitte. Und darin macht Peyrefitte, indem er all beim Namen nennt, nicht nur seinem Skandal-Ruf alle Ehre ...

Das 'Publik-Forum' über die Anti-Homo-Kampagne der Anita Bryant: " ... Die Kampagne ist Ausdruck einer Bibelgläubigkeit, die alles mit neurotischer Angst, nichts aber mit christlichem Selbst- und Weltverständnis zu tun hat ... Dieser Feldzug ist ein trauriges Beispiel dafür, wie wieder einmal fanatische Religiosität, begleitet von Unkenntnis und Unaufgeklärtheit, in Inhumanität umschlägt."



Waldmar, weil es im Wald geschah. Fotografiert von Günter Goebel

Das hier gerade einmal 18 Jahre knackige Modell war nahezu drei Jahrzehnte - nicht nur in der homosexuellen Szene - unter dem Namen "Schwanzstar Dieter, Karlsruhe" bekannt und mit seinen Anzeigen in allen deutschen Schwulenpublikationen vertreten. Dieter - mittlerweile über 55 Jahre alt - ist wahrscheinlich der erfolgreichste (überlebende!) schwule Callboy Deutschlands.

Noch ein Beitrag von DONs langjährigem Autor Thomas Wagner (mehr zu ihm siehe DON 5/1974)