Sonntag, 13. Januar 2013

DON - The German Gay Magazine 1978 (Heft 1)


DON 1/78 erscheint im Januar 1978. Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973. Redaktion: Jens M. A. Reimer, R.v. Lindenau (= Henry Ferling), Tommy Brauner (= Jens M. A. Reimer), Bildredaktion: Guy Gilbert (= Günter Goebel) und Hans John (= Hans Möstl), Details bei DON 9/1976

Etwa ab diesem Jahrgang 1978 werden die Reproduktions- und damit auch die Druckqualität des Farbteils deutlich besser.


Über Publikumsreaktionen und SchwulenNICHTreaktionen auf die ARD-Ausstrahlung des Wolfgang-Petersen-Filmes Die Konsequenz (nach Alexander Ziegler) und die (wiederholte) Ausschaltung des Bayerischen Rundfunks bei einem Homo-Thema

„ … Dabei geht es nicht primär um den Film. Sondern darum, dass nach Untersuchungen im Bundesland Bayern die größten Vorurteile gegen Homosexuelle bestehen. Konsequenterweise hätte bayerische Bürger >Die Konsequenz< und eine öffentliche Diskussion weit notwendiger gehabt … scheint mir, dass meine DON-Vorworte [einen] Nachdenk-Effekt nicht auslösen … dass ich oft das Gefühl habe, Nachdenkenswertes in den Wind zu schreiben. Dass es den meisten Homosexuellen in der Bundesrepublik zu gut geht, und dass sie längst vergessen haben, dass man sie vor nicht einmal vierzig Jahren – zusammen mit Juden, Zigeunern und anderen ‚Untermenschen‘ – wie Vieh in die Konzentrationslager schleppte … „
 

DON-Leser (die hier mit anderen DON-Lesern in Kontakt treten können) werden immer mutiger/freizügiger: Rainer, 23, Offenbach(auf der Leiter). Horst, 32, Fernsehtechniker, Cuxhaven. Rolf, 19, Lüdenscheid(mit Brille). Karl, 45, Bonn. Ilias, Bamberg, (rechte Seite, unten liegend) schickt haufenweis Nackedeifarbfotos, die HF-Druck (Henry Ferling) allerdings nicht in schwarzweiß zu reproduzieren fähig ist.


Knüppeldickevolle sechs Seiten anlässlich der (erneuten) Ausblendung des Bayerischen Rundfunk aus dem ARD-Programm = Boykott auf Kosten der Steuerzahler. DON hatte – wie viele andere – vorher einen Protestbrief an den BR gerichtet sowie den Herren Vöth (Intendant) und Oeller (Fernsehdirektor)Fragen zu den erstaunlich unterschiedlichen offiziellen Ausblendungs-Begründungen gestellt, die selbstverständlich nicht beantwortet wurden.

Anstelle Wolfgang Petersens schwulthematischer >Die Konsequenz< zeigt der BR >Der Sternsteinhof<.

Münchener AZ „Vorurteil gegen Männerliebe – BR blendet sich aus dem TV-Film ‚Die Konsequenz‘ aus“.

In der Süddeutschen Zeitung füllt die BR-Ausblendung 4 Tage lang spaltenweis die Kommentar-, Leserbrief- und Kulturseiten.

Hans Tross (erzkonservative CSU-Posaune) im Leitartikel vom 9. November im CSU-nahen Münchner Merkur: „ … Zugegeben, der BR hätte weitaus häufiger Anlass sich auszuschalten. Doch immerhin hat er es nun bei einem besonders widerwärtigen TV-‚Kunstwerk‘ getan. Der ‚mündige‘ Zuschauer sollte sich nicht brüskiert fühlen, sondern nur etwa an die vielen unbeaufsichtigten Kinder vor den Fernsehgeräten denken. Unbeaufsichtigt, weil es viel zu wenig mündige Eltern gibt.“>

„ … Unter der Überschrift ‚Das ganze Theater wegen 40 Sekunden‘ (GONG 48/1977) berichtet Jürgen Woldt, dass der Film >Die Konsequenz< schon Wochen vorher im Münchner Funkhaus allein wegen des Themas männliche Homosexualität, Aktivitäten auslöste …“

Westfälische Rundschau: Gute Absichten verwirklicht

Darmstädter Echo: Positives Echo auf Homosexuellen-Film

„ … Wir [DON] meinen, die Debatte über künstlerische Qualitäten des Films – oder wie es die bayerische Presse zum Teil darstellte – über eine Bevormundung des bayerischen Bürgers ist zweit- und drittrangig. Der entscheidende Punkt ist, dass das Bayerische Fernsehen nicht willens ist, das Zerrbild vom Homosexuellen und die weitverbreitete bayerische Intoleranz gegen Homosexuelle abzubauen. Ganz im Sinne der katholischen Kirche möchte man das Bild vom perversen, krankhaften und abartigen Homosexuellen aufrechterhalten …“
 


Einmal abgesehen davon, dass ich damals keine qualifizierten schwulen Autoren kannte, und dass, wenn es sie gab, hätten sie schon gar nicht für ein schwules Magazin à la DON geschrieben. Und so suchte ich auch wegen des miserablen Images von DON ebenso händeringend wie vergeblich nach schwulen Autoren, was wiederholt dazu führte, dass ich manche Ausgabe als Autor
Jens M. A. Reimer (Original), Tommy Brauner, Gerry Gregor und … [notgedrungen] selber füllen musste.

Versuch einer Auseinandersetzung: „Blättert man deutsche Homozeitschriften durch, blättert man ziemlich umsonst. Denn für die auflagenstarken Blätter neben DON – him/applaus, DU & ICH und MANN sind die Schwulengruppen, Kommunikationszentren, Teestuben, Aktionsgruppen oder wie immer sie sich nennen, kein Thema. Jedenfalls nicht Thema einer Auseinandersetzung … alles was den MANN-Männern über Gruppenaktivitäten aus der Feder läuft, ist eine einzige Begeisterung. Für andere hingegen scheinen die Gruppen nur in Form von Anschriften, Treffzeiten, Selbstdarstellungen und Resolutionen zu existieren … DON hat im vergangenen Jahr das Gruppenthema mehrmals aufgegriffen … Dafür haben wir von den Bielefelder Schwulen ein paar geharnischte Briefseiten geerntet … Die Politisierung hat die Gruppen sich sowohl vom Kern homosexueller Anliegen, als auch von real Machbaren immer weiter entfernen lassen. Die politische Zielsetzung dominiert, und der Außenstehende hat den Eindruck, dass das Wort ‚schwul‘, wie auch die gegenwärtige homosexuelle Problematik, nur noch eine Garnierung, nicht aber mehr Inhalt ihrer Aktivitäten ist … haben sich die hier gemeinten schwulen Gruppen nicht nur meilenweit von dem ‚homosexuellen Fußvolk‘ entfernt … sondern ganz bewusst zwischen sich – den elitären Schwulengruppen – und den ‚gewöhnlichen Homosexuellen‘ einen Keil getrieben … „

 


„Die nachfolgenden Abschnitte übernehmen wir – mit freundlicher Genehmigung des Thomas-Verlag – aus dem jüngst erschienenen Buch >der HOMO-sexuelle< von Bert Bruder … Das Buch wurde in erster Linie für Heterosexuelle geschrieben, um den Nebel der Unwissenheit über Homosexuelle und ihr Leben ein wenig zu durchstoßen. Gleichzeitig ist es für Homosexuelle die derzeit wohl amüsanteste Aufklärungsquelle… „

 


Die DON-Ausgaben bringen jetzt oft bis zu 6 Seiten Aktualitäten (= in der Presse Aufgelesenes), Ernstes, Politisches, Komisches…
 
Manfred Wörner, CDU, hier noch nur Vorsitzender des Bundestags-Verteidigungsausschusses, posiert in der Herrenmodezeitschrift DER HERR als Model (im Anzug mit Spitzenfasson, Pattentaschen und Rückenschlitz). Später posierte er in der schwülstigen Kießling-Ziegler-Affäre als peinlichster  Verteidigungsminister der Bundesrepublik Deutschland.

Anzeige: In Oldenburg gibt es bereits eine Supersexfilm-Show (9-21 Uhr) und Homosexfilm-Show (21-22 Uhr) für 5 Mark (Bier oder Cola inklusive), Häuschen neben Hindenburgstraße

Die ‚New York Herold Tribune‘ berichtet – auf der Titelseite! – über ‚Weibliche Möven unterstützen Gay Power Bewegung‘. Forscher haben herausgefunden, dass 14% der Möven auf Santa Barbara Island lesbisch sind …

DER SPIEGEL bezeichnet Rod Stewart als >Der Sänger für Männer<. „ … Im Scheinwerferlicht jedoch tritt der Rocksänger mit homosexuellem Anstrich auf. Auch seine Song-Auswahl demonstriert Lust am Mann … Seine schwüle Erotik wirkt vor allem auf männliche Fans (und nicht nur auf Homosexuelle). Der Auftritt der Diva Stewart in schwarzem, brustfreien Leder und rosa [nicht lesbar] das Haar zu einer Ananas toupiert, auf- und abschwellendem bonbonfarbenem Licht … Waren Mick Jagger und David Bowie auf der kommerziell einträglichen bisexuellen Welle geschwommen, geht Stewart noch einen Schritt weiter und propagiert Homoerotik …“

Der Mannesmannsuperkerl Ernest Hemingway (Selbstmord 1961) hat ein Manuskript hinterlassen – das Werk ist eine Utopie – das den Versuch eines jungen Liebespaares schildert, die Geschlechterrollen zu vertauschen. „ … die beiden lieben sich auf eine neue, ungewöhnliche Weise, die sie als schamlos bezeichnet, er wiederum glaubt, dass es seiner Geliebten Spass macht, ihn zu verderben …“
Eine US-Badezubehörfirma brachte ‚Hautfarben für Liebende‘ auf den Markt, mit denen sich Paare beim gemeinsamen Bad gegenseitig bunte Kunstwerke auf die Leiber schmieren sollen: ‚Gönnen Sie sich das Vergnügen mit Ihrem Liebhaber so in Berührung zu kommen … schlüpfrig, sinnlich und auf das Köstlichste duftend.‘

Nicht zum ersten und nicht zum letzten Mal: „Bei den letzten Miß-Wahlen im englischen Seebad Brighton mischte sich der 19jährige Kunststudent Paul Frecker unter die 34 weiblichen Bewerberinnen … und erreichte sogar das Finale der schönsten Zehn …“