Donnerstag, 18. April 2013

DON - The German Gay Magazine 1978 (Heft 11)


DON 11/78 erscheint im November 1978. Verleger ist Henry Ferling, Darmstadt, siehe DON 1/1973. Redaktion: Jens M. A. Reimer, R.v. Lindenau (= Henry Ferling), Tommy Brauner (= Jens M. A. Reimer), Bildredaktion: Guy Gilbert (= Günter Goebel) und Hans John (= Hans Möstl), Details bei DON 9/1976


Schwule Selbstherrlichkeit 78:  "... das bisschen Toleranz, das die Bevölkerung uns mittlerweile entgegenbringt, führe ich allein auf die Bemühungen der Schwulenbewegung zurück ... " Michael Janiszewski (VSG-Mitglied) im 'Fliegenpilz'

"Mit dem publizistischen Paukenschlag >Wir sind schwul< ergriff erstmals eine deutsche Zeitschrift voll Partei für die homosexuelle Minderheit. Und noch dazu die grösste: der STERN mit rund 1,4 Millionen verkauften Exemplaren. Er schrieb: 'Sie werden angepöbelt, verspottet, sie verlieren ihren Arbeitsplatz und werden vom Staat sogar bespitzelt.' Und wie einst im STERN Frauen öffentlich erklärten >Wir haben abgetrieben<, bekannten nun 682 Männer öffentlich, dass sie homosexuell sind. Mit vollem Namen, Alter und Beruf. 54 von ihnen auch mit Bild und Kommentar ... Schon fünf Wochen vor dieser Veröffentlichung hatte die DON-Redaktion Wind davon bekommen. Aber nur durch einen Zufall. Das heisst: Niemand hat uns informiert. Niemand hat von unseren Lesern Unterschriften erbeten. Niemand um unsere Beteiligung angefragt. Ich sage dies keineswegs weil wir uns etwa 'übergangen' fühlen, sondern weil es ein bezeichnendes Licht auf die derzeitige Situation der deutschen Homosexuellen wirft. Da stehen auf der einen Seite die Emanzipations-Homo- und Schwulen-Gruppen (mit denen hat der STERN das durchgezogen; die meisten der 682 sich zur Homosexualität Bekennenden dürften zu diesen Gruppen gehören), und auf der anderen Seite stehen die rund 1,2 Millionen 'gewöhnlichen Homosexuellen'. Dazwischen ist eine tiefe Kluft ... Der kritische Punkt, scheint mir, ist die Abkapselung der Schwulen von den Homosexuellen ... Mitleidig bis verächtlich schauen sie auf das 'gemeine Homovolk' herab ... "


"Das Wirken jüdischer Intellektueller, die nach Hitlers sogenannter Machtergreifung als Emigranten in Frankreich, England und den USA lebten, ist bislang schon weitgehend erforscht und beschrieben worden ... So wurde erst jetzt, im Frühjahr 1978, in der Pariser Kunst-Szene eine kleine Sensation bekannt: Das Schaffen und - in Bruchstücken - das Leben des jüdischen Malers August H., der 1934 vor der Gestapo nach Paris geflohen war und hier 25 Jahre lang ein künstlerisches Doppelleben führte. Tagsüber stand H. ... an der Place du Tertre auf dem Montmartre und pinselte für Touristen und Kunsthändler kelien Idyllen ... Nachts aber zeichnete sich H. ... sein 'Innenleben' von der Seele, seine Wünsche, Lüste und sexuellen Empfindungen. Über Jahre hinweg fertigte er Hunderte von homoerotischen, zum Teil absurden oder perversen, Zeichnungen und Aquarellen, die er vermutlich zu seinen Lebzeiten nie einem anderen Menschen gezeigt hat ... August H. wäre vermutlich auf immer vergessen geblieben, wenn nicht im März 1978 - 19 Jahre nach seinem Tode - auf einer Pariser Kunstauktion 200 Aquarelle und Zeichnungen mit ausschliesslich homoerotischen, pornographischen Themen angeboten worden wären ... gelang es dem berühmten Homofotografen Jean-Daniel Cadinot und seinem Freund Philippe de Mazière ... sämtliche Werke ... zu ersteigern ... Nach Themenkreisen geordnet erscheinen alle Werke in 6 Heften in dreimonatigem Abstand, kommentiert von Cadinot und Mazière ..."

Verfasser obigen Beitrags Georg Guhert (†), der viele Jahre den Alleinvertrieb sämtlicher Cadinot-Produkte in Deutschland, Österreich, Schweiz (und?) innehatte.


Erinnerungen an die berühmteste Putzfrau (Autor?): " ... Claire Schlichting [seit März 2015 hat sie nun endlich auch einen umfangreichen Wikipedia-Eintrag] kam am 18. Mai 1907 in Wuppertal-Elberfeld zur Welt ... mit siebzehn war Claire Soubrette, heiratete den Schauspieler Herbert Schlichting und war mit achtzehn schon Mutter eines Sohnes ... 1929 ... spielte Claire das Dienstmädchen in 'Der müde Theodor'. Dieser Rolle und vor allem dem darin kreiierten Kostüm, der flickenbesetzten Schürze, blieb sie ihr Leben lang treu ... Die kleine Claire wurde mit 26 Jahren zur 'komischen Alten' ... und später [nach dem Krieg] in Berlin, wo sie als unterhaltsame Gastronomin eine Prominenten-Pension führte. Damals war sie oft im alten Trocadero am Winterfeldtplatz zu Besuch, wo sie ihre Jungens - die Homosexuellen - zur Gaudi unterhielt ... Am 22. April dieses Jahres ... starb 'Deutschlands berühmteste Putzfrau' im Alter von 73 Jahren ... Wir haben einen guten Freund verloren. Vielleicht hat uns Claire auch deshalb etwas besser verstanden, weil sie ... von 1942 bis 1945 in einem Konzentrationslager sass; aus politischen Gründen."


In den 70er und 80er Jahren erschienen regelmässig (pseudo-psychologische) Leser-Tests in nahezu allen Illustrierten. Soweit ich mich erinnere, haben wir viele (u.a. aus 'Jasmin', 1968-73) übernommen und für die schwule Leserschaft 'umgebaut'.


Rückblende: Vor 15 Jahren
... im April 1963, stellte eine Jugendzeitschrift [twen] den § 175 zur Diskussion...
... im STERN Nr. 30/1963 eine Reportage >Zum Weekend bleibt man unter sich< (" ... Englische Privatschulen produzieren nicht nur eine führungsfähige Elite, sondern eine ungewöhnliche Menge an Homosexuellen ... ") ...
... in der Tageszeitung 'Politiken' (Kopenhagen) ein Bericht über den US-amerikanischen "Zollkontrolleur Erwin Fisherman aus New York  ... der im vergangenen Jahr in der Auslandspost 38.241 Sendungen mit pornographischem Material ausfindig gemacht und beschlagnahmt habe ... " (74% aus Skandinavien)


Die Geschichte des am 16. September 1856 auf der Burg Volkshagen, bei Wismar, geborenen Wilhelm von Gloeden († 1931 Taormina) in 3 Teilen.